Die Nachricht, dass China eine moderne "Seidenstraße" bauen will, die China mit Europa, Afrika und ganz Asien verbindet, wird weltweit mit Argwohn und Skepsis aufgenommen: Ist der Bau machbar? Wird China den Plan umsetzen? Ist es ein Angebot für eine weitere geopolitische Dominanz? Laut Anthony Kuhn von NPR gibt es jedoch noch eine weitere Hürde, um die Pläne des Landes zur Wiederherstellung der historischen Handelsroute zu bewältigen: Die Seidenstraße, die es angeblich nachahmen will, existierte nicht wirklich.
Laut Kuhn wird China 46 Milliarden US-Dollar für das Projekt ausgeben, um aus dem eigenen nationalen Überschuss eine Infrastruktur aufzubauen, die es als Chance sieht, den Handel weltweit zu stärken. Laut Scott Kennedy und David A. Parker vom Center for Strategic and International Studies ist die neue Seidenstraße weit mehr als nur eine Straße: Sie wird landgestützte Routen mit Küsteninfrastruktur, Häfen und politischer Koordinierung in ganz Asien verbinden. Anstatt Verträge oder Handelszonen einzubeziehen, beinhaltet der Plan eine Zusage Chinas, in Infrastruktur und wirtschaftliche Entwicklung außerhalb seiner Grenzen zu investieren. Ihre Analyse ist, dass China seinen Einfluss regional vertiefen möchte, indem es anderen Ländern den Anreiz gibt, mit Peking zusammenzuarbeiten.
Obwohl das Projekt als eine neue Version der alten Seidenstraße gebrandmarkt wird, basiert es laut Kuhn auf einem Konstrukt, das es nie wirklich gab. Der Historiker der Fudan-Universität, Ge Jianxiong, erzählt Kuhn, dass viele Geschichtsbücher Hinweise auf eine 4000 Meilen lange Straße enthalten, die China mit dem Rest der Welt verband, um Seide und andere Waren zu handeln : Legende. Laut Ge war die Straße nicht nur weitgehend unbenutzt, unpassierbar und unbefestigt, sondern wurde von China nicht einmal als Seidenstraße bezeichnet. Der Begriff wurde vielmehr in den 1870er Jahren von einem deutschen Geographen geprägt.
Tatsächlich exportierte China nicht einmal Seide. "China musste keine Seide exportieren", sagt Ge gegenüber Kuhn. "Die Chinesen hatten auch kein Konzept, vom Seiden- oder Außenhandel zu profitieren." Ge merkt an, dass das alte China sich nicht auf Außenstehende verlassen müsse - ein deutlicher Unterschied zu der heutigen Initiative.
Werden sich andere Länder für die Idee intensiver chinesischer Investitionen in ihre Infrastruktur begeistern? Ist das Projekt eine Anspielung auf Chinas Abhängigkeit von der Außenwelt oder nur ein Versuch, seine internationale Macht zu stärken? Diese Fragen könnten strittig sein, sagen Kennedy und Parker - sie stellen fest, dass "die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass diese hochfliegenden Pläne nicht verwirklicht werden."