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Von Persepolis nach Pjöngjang: Graphic Novels Today

Wann reifen Comics zu Graphic Novels? Beide Medien stützen sich auf Cartoons, um universelle Geschichten zu erzählen. Cartoons lassen die zufälligen Details der Fotografie aus und werden stattdessen zu offenen Gefäßen, in die die Leser ihre Erinnerungen und Erfahrungen einfließen lassen. Der Comic-Guru Scott McCloud nennt diesen Aktschluss: Wir können nur verstehen, was wir fühlen können, und wir können wirklich nur fühlen, was wir erlebt haben. Cartoons stellen eine vereinfachte, universelle Welt dar und helfen uns, diesen Prozess des Lesens, Einfühlens und Verstehens zu vermitteln.

Bildromane sprechen uns mit einer subtilen, zweideutigen Stimme an, die in traditionellen Comics selten zu finden ist. Superhelden haben die Bühne verlassen und sich Cartoon-Wahrsagern verschrieben, die nach innen blicken, während sie über ihre Kultur nachdenken. In Comics vermitteln Charaktere wesentliche Wahrheiten, indem sie subjektive Erfahrungen erzählen, und wir versetzen uns unbewusst in eine Comicwelt. Deshalb führt uns dieses Medium so effektiv an politisierte, verbotene Orte, wie jene, die immer noch auf der sogenannten Achse des Bösen, dem Iran und Nordkorea herumwirbeln.

Persepolis, von dem iranischen Ex-Pat Marjane Satrapi, ist eine lyrische, lustige und dennoch politische Abhandlung über das Aufwachsen im Iran während des Falls des Schahs und der Islamischen Revolution. Die Protagonistin, eine junge Satrapi, muss sich trotz der fortschreitenden Neigungen ihrer Familie an die eiserne Faust und den Schleier anpassen. Gleichzeitig thematisiert ihre Erzählung die Magie der Kindheit und den Aufruhr der Jugend. Der erste Band von Persepolis zeigt Satrapi als kleines Mädchen und verwechselt Gott mit dem Bild eines beeindruckenden, weißbärtigen Karl Marx. Die Autorin des Kommunismus kommuniziert ironischerweise mit ihr während des Schlafensgebets. Später wird sie zur Highschool nach Europa geschickt, und wir sehen den Aufruhr der Jugend durch die Linse eines Exils - ungeschickte Partys, seltsame Freunde und „aufgeklärte“ Kollegen, die versuchen, Satrapis mythische Heimat zu romantisieren oder zu karikieren.

In Pjöngjang kommt der französisch-kanadische Guy Delisle als Subunternehmer einer französischen Animationsfirma in die Hauptstadt des kommunistischen Nordkoreas. Delisle verbringt zwei trostlose Monate in der unheimlich kargen Hauptstadt. Obwohl der Erzählung verständlicherweise die persönliche Note von Satrapi fehlt, fangen die Storyboards - dargestellt in einer Reihe von komischen, zurückhaltenden Vignetten - auf eindringliche Weise eine von Unvollkommenheit und Widerspruch gereinigte Kultur ein. In kühlem Schwarz-Weiß versetzen wir uns in die monotone Pracht kommunistischer Monumente, zittern vor der gruseligen Abwesenheit behinderter Menschen und heben zusammen mit Delisle die Augenbrauen angesichts der Allgegenwart des pompadoursportlichen Diktators Kim Jong-Il und seines Verstorbenen Vater. Ihre Zwillingsporträts schmücken fast jeden Raum, auf den Delisle trifft, mit Ausnahme von Badezimmern.

Das Graphic Novel-Medium funktioniert hier gut. Zu oft zeigen Fotografien eine dokumentarische Realität, die deutlich macht, wie unterschiedlich die Leserwelt von der Bildwelt zu sein scheint. Doch in Delisles einfachen, fast kindlichen Zeichnungen wird die einst ferne Hauptstadt Pjöngjang zur Metapher für Unterdrückung und Isolation - ein Ort, den wir alle von Zeit zu Zeit besucht haben.

Von Persepolis nach Pjöngjang: Graphic Novels Today